Fasnacht - Fasching - Kehraus
Hier ein paar Beschäftigungen zum Thema Fasching - Hintergrund und
Brauchtum.
Wir haben uns damit beschäftigt, weil dahinter mehr steht als man heute
sieht. Und weil es für uns Menschen eigentlich eine wertvolle Zeit
ist.
Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von Happytimes.de
5. Jahreszeit
Fasnacht wird oft als die 5. Jahreszeit bezeichnet, eine Zeit, die für
sich gesehen schon so eine Art Zwischenreich bedeutet, weil sie außerhalb
des normalen Rhythmus steht.
Manche Gegenden sind berühmt und bekannt für ihren Fasching - wie
Köln, Venedig oder auch die allemannischen Umzüge....
Strengstens verboten
Von der Kirche noch nie gerne gesehe und als "unflätige Feste" sogar
strengstens verboten, und zwar ab dem Jahr 743 unter Vorsitz von Bonifatius
- also demjenigen, der auch die heiligen Bäume fällen ließ,
dem sogenannte "Apostel der Deutschen".
In Artikel 24 dieses Synodenbeschlusses wurden auch die heidnischen Zusammenläufe
mit zerrissenen Kleidern und Schuhen verdammt - allerdings mit wenig oder keinem
Erfolg, weil sich niemand daran hielt.
Diese wilden, obszönen, närrischen, ungezügelten Feste waren
nicht weg zu bringen.
Fasten gegen das Leben
Es war eine Zeit, die mit dem Sprießen der
Säfte in der Natur
einherging. Damit, daß alles wieder zum Leben erwachte, auch die Säfte
im Menschen.
Deshalb wurde aus diesen spätwinterlichen ausgelassenen und natürlich
immer erotisch-exzessiven Festen die christliche "Fastenzeit".
Aus den Vasel-Nächten oder Fasel-Nächten wurden die Fasten-Nächte,
jene vierzigtägie Fastenzeit vor Ostern.
Trotzdem konnte das alte Brauchtum nicht überwunden werden.
Fas kommt von "fruchtbar machen"
Man sieht, dass die Wortnähe
von "FAS-nacht" oder auch Fastnacht
zu "Fasten" gar nichts damit zu tun hat.
Im Gegenteil!
Das Wort kam von dem Brauch des "FASELNS".
Es ist ein mittelhochdeutsches Wort: "vaselen" oder auch "viseln" =
fruchtbar machen, gedeihen, vermehren.
Und dieser Brauch des Faselns war eine - wie könnte es auch anders
sein - AUSCHWEIFENDE FRUCHTBARKEITSORGIE!
Diese Feste waren bei den Germanen als Faselnächte bekannt. "FASEL" bedeutet
althochdeutsch "Nachkommenschaft", mittelhochdeutsch "Zuchtvieh".
Man kennt noch Faselvieh, Faselhengst, wobei "Visel" oder "Viselin" das
männliche Glied bezeichnen!!!
Ist doch sehr interessant, wie das Wort dann ins Gegenteil verkehrt
wurde!
Es handelte sich also um wilde Feste mit Vermummung, Maskenläufen,
Trinkgelagen und phallischen Umzügen.
Eine Berührung mit dem schöpferischen Chaos.
Eine Energie, die ausgelassen, geil und fruchtbar macht, aber genauso
leicht das Gleichgewicht stören und krank machen kann.
Deshalb ist diese Zeit auch äußerst empfindlich.
Es gab viel lärmendes Treiben, Umzüge, Fressen, Saufen ...
Auch hier wieder der lärmende Umzug, um den Winter auszutreiben.
Ein lärmendes Wecken der Natur.
Und dann natürlich die Maskenumzüge, um die alten Dämonen,
Krankheiten und sonstige Unholde zu vertreiben.
Dämonenzug
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Die Fasnacht mit dem noch ältesten Bezug zum Brauchtum ist die allemannische
Fasnet.
Die Masken, die Kleidung, alles hat eine uralte Überlieferung und ist
nicht beliebig hergestellt. Sie sind oft schon uralt und dürfen auch nicht
verändert werden.
Das ist wie bei anderen alten Naturvölkern ind Afrika, Tibet usw. Auch
dort wurden diese Masken urprünglich hellsichtig geschaut. Sie stellen übernatürliche
Wesenheiten dar.
Es sind die Geister selber, die sich da in den Masken und Figuren verkörpern.
Sie tragen heute noch Namen wie der Fastnatbutz, der Bögg, die Moosweiblein
oder auch die Figuren, die halb Tier halb Mensch sind.
Es war auch nicht ungefährlich diese Masken zu tragen, weil man von diesen
Geistern besessen werden konnte, wenn man zu sensibel war. Deshalb war es lange
Zeit den Frauen auch verboten, weil sie wesentlich empfänglicher sind
als die Männer.
Jede Maskengruppe der allemannischen Fasnacht hat ihr Losungswort - wie das
bei Geistern so üblich ist. Und wehe man weiß es nicht, dann wird
Schabernack getrieben. Dann wird man mitgeschleppt oder eingerieben, verspottet
...
Wenn der Dämonenzug vorbei ist, hat er viel alten und seelischen Unrat
mitgenommen und damit den Weg für den Frühling und die Frühlingsgöttin
geebnet und gereinigt.
Im wahrsten Sinne ein Kehraus.
Naturgeister
Fasnacht ist ein Überrest einer alten rituellen Kultur
unserer Vorfahren, die den Umgang mit den Naturgeistern noch verstanden
haben.
Ohne diese Einbindung der Naturgeister in unsere Kultur, und schlimmer
noch durch ihre Ausgrenzung werden diese Wesen wilder, bösser und bedrohlicher.
Sie müssen sich ihren Platz dann sozusagen mit Gewalt erobern.
Unsere Vorfahren hatten Achtung und Respekt für sie.
Schutzherrin der Liebesleidenschaft
In diese Zeit fallen viele närrische
Feiern, die alle mit Liebe, Lust und Erotik zu tun haben.
Im alten Rom wurde dieser Monat Februar nach der Juno FEBRUATA (oder
auch Febronia) benannt, die die Schutzherrin der Liebesleidenschaft
ist.
Nach ihr wurde auch das Liebesfieber benannt, "febris". Wohl auch
unser Fieber kommt noch von diesem Wort.
Eines dieser Feste ist "Valentin". Das war früher ein Fest
sexueller Freizügigkeit. Heute beschränkt es sich auf Liebesbriefchen
und kleine Geschenke. Früher zogen die Männer Lose mit Frauennamen,
mit denen sie eine erotische Nacht verbrachten ...
Valentin wurde angerufen bei Liebeszaubern und bei der Zubereitung
von Liebestränken.
Die Kirche konnte auch gegen dieses Fest nichts ausrichten, versuchte
es dann mit einem Heiligen namens Valentin und einer Transformierung
der Sexualität, die in folgendem Ausspruch zu Tage tritt:
"Laß den Samen des Lichts in dein Brautgemach eindringen, empfange
den Bräutigam ... öffne deine Arme, ihn zu umfassen."
So wurde daraus eine Art Ritus einer "sprituellen Hochzeit" mit
Engeln in einer Hochzeitskammer.
Und auch die vielen anderen, oft regional etwas verschiedenen Brauchtümer
zu bestimmten Tagen, wie "Rußiger Freitag" (oder "Rußiger
Donnerstag", je nach Region) usw. haben alle einen erotischen Beigeschmack.
An diesen Tagen ist erlaubt, was das ganze Jahr tabu ist.
Bohnenkönig und Faschingsprinz
Dieses Faschingstreiben begann früher
an Heilig-Dreikönig, als
der Bohnenkönig per Los gefunden wurde.
Das Los wurde früher mit Schicksal und Tod gleichgesetzt wie man noch
in dem Wortsinn "ein schweres Los haben" sehen kann.
In der alten Sprache war mit "Los " der Opferteil an die Götter
gemeint, meist ein Blutopfer in patriarchaler Zeit.
Fiel also das Los auf jemandem, dann war von ihm das Opfer zu geben.
Das Wort bedeutete in seiner germanischen Wurzel "haften bleiben, festhaken".
D.h. dieses Los war nicht übertragber, es blieb an einem kleben bis
zur Erfüllung.
Erst in der Neuzeit wurde aus dem Bohnenkönig der Faschingsprinz ,
der in dieser Zeit sein närrisches Volk regiert.
Am Kehraus ist seine Zeit abgelaufen. Da wird er sozusagen wieder geopfert
wie alte Bräuche noch vermitteln im Faschingsersäufen, Faschingsbegraben
oder Faschingsverbrennen.
Seine Regierungszeit war also begrenzt und endete mit seinem Tod als
Vegetationsopfer vor der Wachstumsperiode. In noch älterer Zeit wurde
dieser Faschings-Prinz am Kehraus tatsächlich geopfert .
Rosenmontag
Am Rosenmontag, dem Tag vor der Opferung war der Faschingsprinz
vor Rausch und Angst vor dem Tod schon so wahnsinnig, dass er ganz
rasend getan hat.
Rosenmontag als "rasender" Montag, an welchem die Verzweiflung
des Opfers ihren Siedepunkt erreicht und in einem tobenden Irrsinstreiben
ihrenn Ausdruck gefunden haben muß.
Das steckt auch hinter dem Wort Rosen-Montag, das sich bis in die Gegenwarte
gehalten hat und sogar in den christlichen Festtagskalender aufgenommen
wurde.
Rosen
ROSEN kommt in diesem Fall nicht von der Blume Rose, sondern geht
auf eine viel ältere Bedeutung zurück aus einer Zeit, wo es diese
Blume in Europa noch gar nicht gab.
Die Rose hat eher daher ihren Namen bekommen. Ein Teil der Bedeutung
ist "Rot" als Farbe.
Man findet immer wieder Orte mit dem Namen "Rosengarten" (Laurins
Rosengarten in den Dolomiten), "Rosentor", "Rosenheim",
auch Orte mit Ruß wie Rußländle, usw.
Diese Orte waren magische Orte, die den Übergang zwischen Leben und
Tod bezeichneten - später wurden sie zu Orten der Gerichtsbarkeit,
die ja letztendlich auch immer damit zu tun hatten.
Beide, Morgenrot oder auch Abendrot, die Zeit also, wenn die Sonne
aufgeht oder in die Erde wieder untergeht und damit Tag und Nacht trennt,
hatte für diese Menschen magische Bedeutung.
Es war ein Abbild von Leben und Tod.
Solch ein Land war von Menschen nicht einfach so betretbar, denn Abendrot
und Totenwelt können nicht betreten werden.
Auch das Himmelreich wurde als so ein Rosengarten angesehen.
Rote Mäntel
Der Scharfrichter im Mittelater trug ein Schwert mit dem
Namen "Rote
Rose" , oder Fuktionsträger trugen rote Mäntel wie Könige,
Kardinal und Henker.
Im Mittelalter noch war Rot die Farbe des Rechts.
Bei dem Wort ROSEN verschmelzen mehrere Kultbegriffe wie die Sonnenverehrung,
dann der Totenkult und Recht, Rechtsprechung und Gerichtsbarkeit und
Opferhandlungen.
Bezug zu heute
Man sieht, daß diese Zeit eine wirklich besondere
war.
Viel tiefer gehend als unser heutiges Faschings-Hellau und -Gegröhle.
Viele tiefer als die heutigen oberflächlichen Witze, Verkleidungen
und Bälle.
Um was es eigentlich ging, war in der Tiefenschicht der Gefühle angesiedelt.
Die Gefühle wollten an die Oberfläche, wollten sprießen
wie die Säfte der Natur.
Wollten leben, sich ausleben, austoben, sein dürfen.
Alles das, was heute so Tabu ist.
Was heute so zugedeckelt wird wie auch die Natur, die nicht mehr wachsen
darf, wie sie will.
Keine wirkliche Verrücktheit ist mehr erlaubt, alles sauber beschnitten
und eingepfercht.
So wie unsere Gefühle, so wie wir.
Damit schneiden wir uns ins eigene Fleisch.
Wo die Gefühle nicht mehr sein dürfen, rutschen sie in den Untergrund.
Und dort treiben sie ihr "Unwesen".
Das ist der eigentliche Hintergrund des immer mehr auftretenden "Aus-dem-Gleichgewicht-Sein".
Und das ist auch der eigentliche Hintergrund dieser Faschingszeit.
Die Geister, die nicht mehr respektiert werden, die keinen Platz haben
und ausgegrenzt und domestiziert werden sollen, die wirken jetzt auf
anderen Ebenen.
Wer darf den noch wirklich "faseln" mit der alten Bedeutung.
Einmal im Jahr war Fasnachts-Zeit, wo alles erlaubt war, wo das Leben überquoll.
Lebendigsein, sich spüren, genießen, einfach sein, wie man ist,
auch verrückt sein, toben, wild und ungezügelt sein, undomestiziert
in seiner ganzen Bedeutung.
Das ist heilsam. Wenigstens einmal im Jahr, wenn sonst schon nicht.
Statt "Faseln" gibt es heute "Fasten", was schon eine
unlebendige Verlagerung des ganzen Geschehens ist, eine Ins-Gegenteil-Verkehrung.
Wenn "Faseln" das Höchstmaß an Lebendigsein bedeutet,
dann bedeutet "Fasten" das Gegenteil, Unlebendigkeit, Enge, Erstarrung,
Gefühllosigkeit, Askese auf allen Ebenen.
Genau das, was die Kirche wollte.
Wir wünsche Ihnen, daß Sie wieder Faseln können in dieser Zeit, daß Sie lebendig sind und den Mut haben, "verrückt" zu sein und spüren können, wie heilsam das sein kann.